Fun Fact: ich bin introvertiert. So, jetzt ist es raus! Spaß. Wenn du schon mal einen Blick auf meine Über-Mich-Seite geworfen hast, dann weißt du das längst. Aber kann man in der Selbstständigkeit auch introvertiert erfolgreich sein?
Was für mich mittlerweile Normalzustand ist, empfindet so manche*r da draußen als erstrebenswertes Ziel. Das eigene Business oder die Selbstständigkeit zu rocken, obwohl man introvertiert ist. Obwohl? Mittlerweile denke ich, dass du erfolgreich selbstständig sein kannst, weil du introvertiert bist. Insbesondere die Möglichkeiten des Online-Business gewähren Introvertierten ausreichend Raum für Rückzug und Abgrenzung.
Introvertiert sein bedeutet nicht zurückhaltend zu sein
Wusstest du das? Introversion bedeutet mitnichten, dass jemand schüchtern, zurückhaltend und meinungsfrei ist. Mir war das jahrelang nicht bewusst. In meiner Schulzeit war ein introvertierter Mensch für mich der Inbegriff der grauen Maus (m/w/d), die ungerne auffallen möchte und sich mit eigenen Meinungen zurückhält.
Hättest du mich damals gefragt, wie ich mich auf diesem Persönlichkeits-Spektrum einordne, dann wäre ich laut meiner Definition der Prototyp der Extraversion gewesen: selbstbewusst, frech, meinungsstark. Es bereitet mir keine Bauchschmerzen im Mittelpunkt zu stehen oder auf Menschen zuzugehen. Oft bin ich die Eisbrecherin in einer Situation.
Aber ich hatte noch nie Spaß daran, ständig unter Leuten zu sein. Als Kind habe ich mindestens genauso oft und gerne alleine gespielt, wie ich mit den anderen Dorfkids unterwegs war. Und später brauchte ich nach der Schule immer Zeit für mich.
Auf Parties war ich später berüchtigt für meinen polnischen Abgang: wenn ich mich genug ausgetauscht hatte, bin ich einfach klammheimlich gegangen. Heimlich deswegen, weil es mit jedem Abschied eine riesige Diskussion gegeben hätte. Lange Zeit fühlte ich mich damit ziemlich asozial. Aber je nach Tagesform war ich einfach irgendwann durch: over-peopled sozusagen. Direkte Interaktion, zuhören, verstehen, sprechen, austauschen — das schlauchte mich schnell.
Aber introvertiert? No waaaay.
Introvertierte ziehen ihre Energie aus dem Rückzug
In meinem Studium der Wirtschaftspsychologie habe ich gelernt, was es wirklich bedeutet, ‚Intro‘ oder ‚Extro‘ zu sein. Im Wesentlichen geht es darum, wie Menschen ihre Batterien wieder aufladen: Während extrovertierte Persönlichkeiten in Gruppensettings Energie tanken, tun introvertierte dies im Alleinsein.
Im Zuge der Corona-Pandemie wurde sehr deutlich, dass das Gros der Gesellschaft auf extrovertierte Menschen ausgerichtet ist. Das, was ‚wir Introvertierte‘ als Daily Business beschreiben würden — zuhause sein, lesen, kreativ sein, spazieren gehen — erlebten die Extrovertierten als massive Einschränkung. Wir sind schon zuhause geblieben, bevor es cool wurde. 😂
Im Zuge meines Studiums und darüber hinaus habe ich viel über Persönlichkeits- und Sozialpsychologie gelesen, was uns ausmacht und unterscheidet. Irgendwann habe ich dann endlich verstanden, dass ich introvertiert bin. Und dass ich trotzdem Rampensau-Attitüden haben kann — in homöopathischen Dosen eben.
Die Mitte dieses Spektrums wird als Ambiversion bezeichnet, das bedeutet, dass du beide Eigenschaften zu ähnlichen Teilen in dir vereinst. Wahrscheinlich ist es wie in der Gauß’schen Normalverteilung, dass die meisten Menschen irgendwo in der Mitte angesiedelt sind.
Introvertiert erfolgreich selbstständig?
Laura Roschewitz hat mich in ihren Podcast Moin um Neun eingeladen, um mit mir über Introversion im Business zu sprechen. Herausgekommen ist eine knackige halbe Stunde, in der ich darüber berichte, wann ich festgestellt habe, dass ich introvertiert (und nicht asozial) bin und wie ich heute meine Arbeit als selbstständige Brand Designerin gestalte, um das beste daraus mitzunehmen.
Den Podcast findet du bei Apple Podcasts und bei Spotify. Das Video dazu kannst du dir hier anschauen:
Als ich mein Business im Nebenerwerb begann, habe ich noch 40 Stunden als Head of Design in einer Agentur gearbeitet. Für meine selbstständige Tätigkeit blieben mir also nur die Abend- und Wochenendstunden. Die Mentoren, zu denen ich damals aufsah und von denen ich mich inspirieren ließ, gaben mir das Gefühl, ich müsse Video-Calls mit meinen Kund*innen machen. Das wäre der Standard. Das gefiel mir gar nicht. Kurzerhand schob ich meine zeitliche Eingeschränktheit vor, um meine Kund*innen auf die asynchrone schriftliche Kommunikation zu argumentieren. 😇
Was mich erstaunt hat: immer mehr Kund*innen gaben mir (nach anfänglicher Skepsis, ob das so ganz ohne persönlichen Austausch klappt) das Feedback, dass sie es schätzen, keine Termine haben zu müssen. Sie fühlten sich während des kompletten Projekts immer verstanden, mitgenommen und wertgeschätzt. Und das alles trotz der Schriftform!
Ich war begeistert und stellte fest, dass sich meine vermeintliche Schwäche vielleicht sogar als Stärke mausern könnte. Zu dem Zeitpunkt erlaubte mir die Schriftform eine effiziente Kommunikation und schnelle Projektbearbeitung, weil ich zu den Zeiten meiner Wahl arbeiten konnte.
Fast forward zum heutigen Tag:
Ich mache gerne Calls mit meinen Kund*innen, aber lege sie mir strategisch. Maximal einen am Tag, gerne kurz und bevorzugt am Vormittag. Am liebsten als Kick-off-Call zum gemeinsamen Eingrooven auf das Projekt, dann muss ich nicht mitschreiben (ich kann nicht gleichzeitig zuhören und schreiben — es endet sehr akward) und kann mich ganz dem Gespräch widmen. Revisionsschleifen und Anpassungswünsche erbitte ich mir per E-Mail. Das hat den Vorteil, dass meine Kund*innen sich sammeln und sortieren bevor sie mich kontaktieren und ich kann die Punkte nach und nach abarbeiten. Win-win!
Introvertiert sein bedeutet Grenzen setzen
Im Video und Podcast schildere ich ein paar meiner Tipps und warum ich finde, dass es mehr Vorbilder wie zum Beispiel Amy Porterfield braucht, die sich als Hardcore-Intro outen und sehr transparent ihre Grenzen aufzeigen. Denn ‚funktionierende‘ Introversion hat gerade im Business sehr viel damit zu tun, klare Grenzen zu setzen und diese offen zu kommunizieren.
Laura und ich waren uns am Ende des Gesprächs einig, dass es explizit zu diesem Thema eine eigene Folge bräuchte, denn seien wir ehrlich: Grenzen setzen und nicht nur Zeit als Ressource zu betrachten ist für viele von uns ein immerwährendes Thema. Ich zumindest arbeite täglich daran. Am liebsten alleine, kreativ köchelnd in meinem warmen Arbeitszimmer natürlich. 😅
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